Hand auf’s Herz, würden Sie sich als Privatmensch derzeit ein Hotel kaufen? Eben! Es ist also kein Wunder, dass Privatinvestoren aufgrund der Erfahrungen in der Coronapandemie derzeit noch etwas verhaltener in Bezug auf die Asset-Klasse Hotel reagieren. Während das Vorjahresquartal laut BNP Paribas Real Estate ungewöhnlich stark durch Family Offices geprägt wurde, hatten sie im ersten Quartal 2022 nur noch Anteil von 7 Prozent am Hotelinvestmentmarkt. Es dominierten wieder institutionelle Investoren. Mit einem Anteil von rund 22 Prozent führten sie nach Erkenntnissen der BNP-Analysten das Investorenfeld an, gefolgt von Projektentwicklern und Equity/Real Estate Funds mit jeweils um die 15 Prozent. Offene Fonds steuerten knapp 13 Prozent, Spezialfonds gut 10 Prozent und Corporates 8 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Dieser belief sich je nach Quelle (BNP Paribas, JLL, Colliers oder CBRE) zwischen 440 und 470 Millionen Euro und lag damit in der BNP-Paribas-Statistik um 16 Prozent unter dem Vorjahresquartal. Der sowohl absolut als auch relativ hohe Anteil von Projektentwicklern zeige jedoch, dass es einige Opportunitäten im Markt gebe, die in Verbindung mit einer weiteren Normalisierung der Hotelmärkte das Interesse von Käufern wecke.
Einzeltransaktionen dominieren bislang das Geschehen
Die relativ starke Schwankung in den Umsatzangaben ist auf die unterschiedliche Datenlage bei den Marktanalysten zurückzuführen. Einigkeit herrscht jedoch darin, dass der Hotelinvestmentmarkt derzeit – obwohl Quartalsergebnisse natürlich immer nur eine Momentaufnahme sind – weit von Spitzenjahren wie 2016 oder 2019 entfernt ist, als Jahresvolumina von annähernd 5 Milliarden Euro erreicht wurden. Was im ersten Quartal fehlte, waren die vor allem für institutionelle Anleger interessanten großvolumigen Portfoliodeals. Die größte Transaktion in den vergangenen drei Monaten und gleichzeitig auch die Einzige mit einem Kaufpreis von über 100 Millionen Euro war laut Colliers das Sheraton Berlin Grand Hotel Esplanade. Die Deutsche Finance International erwarb das 5-Sterne-Haus in Partnerschaft mit der Cells Group für rund 116 Millionen Euro von der Archer Hotel Capital und bringt es in einen Value-Add Fonds ein.
JLL benennt als weitere beachtenswerte Transaktionen:
- Der Projektverkauf des zukünftigen me and all Leipzig Krystallpalast als Teil eines Portfolioverkaufs von Neubau-Wohnungen in einigen ostdeutschen Städten. Käufer war die Commerz Real, die das Objekt für den offenen Immobilienfonds Hausinvest vom Projektentwickler Quarterback erworben hatte. Der Baubeginn des Hotels mit 282 Zimmern ist für das Frühjahr 2022 vorgesehen.
- Die Veräußerung des familiengeführten Hotels Sylter Hof Berlin als Teil einer Mixed Use Immobilie an den Projektentwickler Soravia. Das Hotel soll abgerissen werden, genaue Pläne sind jedoch noch nicht bekannt. Verkauft wurde die Immobilie von Privatinvestoren.
- Der Projektverkauf des zukünftigen Serviced Apartment Objektes Smartments Eco Frankfurt an den institutionellen Investor Aberdeen. Verkäufer war der Projektentwickler GBI. Die Fertigstellung der 128 Apartments ist bis Ende 2023 geplant.
Über 70 Prozent der von Colliers gezählten Transaktionen fanden in einem Preissegment von unter 20 Millionen Euro statt. „Der Konsolidierungsprozess in der Privathotellerie ist auch knapp zwei Jahre, nachdem die Corona-Pandemie auf dem Hotelinvestmentmarkt angekommen ist, noch nicht gänzlich abgeschlossen“, sagt René Schappner, Head of Hotel bei Colliers. „Dieser Prozess beschränkt sich aber nicht nur auf kleinere, inhabergeführte Hotels, sondern bezieht auch größere Betreiber und Bestandshalter mit ein. Gerade bei größeren Hotelimmobilien, die für institutionelle Investoren interessant sind, wird sich der Konsolidierungsprozess noch einige Zeit hinziehen. Eigentümer sind derzeit intensiv auf der Suche nach passenden Konzepten für die jeweiligen Standorte und Betreiber versuchen, sich attraktive Standorte zu sichern. Wir sehen aktuell viel Bewegung im Markt.“
Heidi Schmidtke, Managing Director der JLL Hotels & Hospitality Group, weist auf eine weitere Besonderheit des aktuellen Marktgeschehens hin: „Auch weiterhin finden verhältnismäßig viele Transaktionen ohne Betreibervertrag statt, sodass sich zahlreiche attraktive Opportunitäten für neue Betreiber und Marken oder auch Umnutzungen ergeben. Auch ist zuletzt wieder mehr internationales Kapital auf dem deutschen Hotelmarkt aktiv, wobei gerade einige außereuropäische Investoren aufgrund der geopolitischen Situation etwas in Wartehaltung gehen.“
Verlässliche Prognosen derzeit schwierig
Weiterhin angespannt bleibe zudem das Finanzierungsumfeld für Hotelimmobilien, erklärt Schappner. „Seit knapp zwei Jahren ist die Frage der Finanzierung eine der schwierigsten im Kontext von Hoteltransaktionen. Nachdem sich das Transaktionsumfeld im vierten Quartal des letzten Jahres etwas entspannt hatte, haben hohe Inflationsraten und die sich dadurch abzeichnende geldpolitische Wende das Finanzierungsumfeld zuletzt wieder etwas eingetrübt. Nichtsdestotrotz besteht weiterhin großes Interesse sämtlicher Marktteilnehmer an erfolgreichen Transaktionen.“
Und auch die Asset-Klasse Hotel gewinne durch Rücknahmen diverser pandemiebedingter Beschränkungen wieder an Attraktivität, betont Alexander Trobitz, Geschäftsführer und Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate GmbH. „Bereits im vergangenen Spätsommer und Frühherbst haben sich Gästeankünfte und Übernachtungszahlen dem Vorkrisenniveau angenähert oder wurden sogar bereits vereinzelt übertroffen. Diese verbesserten Perspektiven für Betreiber sollten zu mehr Investitionen im Jahresverlauf führen.
Auch Dirk Richolt, Head of Operational Real Estate bei CBRE hält eine positive Entwicklung prinzipiell für möglich, weist aber auf die Schwierigkeit einer korrekten Einschätzung hin: „Für die kommenden Monate zeichnen sich zwar einige Transaktionen ab und auch einige Investoren, die coronabedingt in den vergangenen Jahren zurückhaltender waren, zeigen wieder Interesse. Aufgrund der momentanen wirtschaftlichen und politischen Situation sind verlässliche Prognosen für das zu erwartende Transaktionsvolumen nicht möglich.“