Bevor Hotelzimmer realisiert werden, bauen immer mehr Planer ein Musterzimmer. Hier zeigt sich in Lebensgröße, wo technisch nachgebessert werden muss, was von der Raumaufteilung nicht passt und was optisch oder haptisch noch nicht perfekt ist. Über Vorteile, Nachteile und Planungsfehler.
„Mit dem Musterzimmerbau wird greifbar, was vorher nur Vision war“, sagt Martin Penner, geschäftsführender Gesellschafter bei Lanz Architekten. 3D-Modelle sind zwar plastischer als Gebäudepläne in 2D, ein Raumgefühl vermitteln sie aber nicht. Wie sich Oberflächen anfühlen, wie der Geräuschpegel der Lüftungsanlage ist oder wie die tatsächlichen Farben des Interiors harmonieren, lässt sich aus einem Rendering nicht herauslesen. Dafür gibt es Musterzimmer, ein Zwischenschritt bei der Projektplanung in der Hotellerie, um auf Nummer Sicher zu gehen.
Hier bekommen Planer und Bauherren nicht nur eine genaue Vorstellung vom Hotelzimmer, sondern können Fehler nur einmal zu machen, anstatt sie während der Bauphase in jedem Zimmer mit hohen Kosten, viel Zeit und Aufwand immer wieder zu reproduzieren. Grundsätzlich bestehen zwei Optionen beim Bau eines Musterzimmers: Entweder es wird in die Hotelimmobilie selbst integriert oder es entsteht auswärts, beispielsweise in einer Halle. Dabei bieten beide Auswahlmöglichkeiten verschiedene Vor- und Nachteile.
Musterzimmer im Hotel
Die Gruppe H-Hotels baut ihre Musterzimmer in der Regel direkt in dem Gebäude, in denen die Zimmer anschließend auch zu finden sind. Dadurch kann die Kette individuell auf die Besonderheiten des jeweiligen Bauwerks eingehen. Dabei hängt der zeitliche Ablauf immer vom Baufortschritt des Gesamtbauprojekts ab. Generell plant H-Hotels aber, das Musterzimmer spätestens neun Monate vor der Hoteleröffnung zu bauen. Bei nur wenigen Monaten Vorlauf muss das Raumkonzept bereits stehen und es können nur noch kleinere optische Veränderungen, etwa bei den Farben, vorgenommen werden. H-Hotels besichtigt dann das Musterzimmer mit den internen Entscheidern und dem Innenarchitekten, um dem Raum den abschließenden Feinschliff zu verpassen.
Musterzimmer in der Halle
Riebel Generalunternehmer (Riebel-GU) baute für das Hotel Abasto in München-Feldmoching ein Musterzimmer in der Halle von KaSpaces in München-Garching. Jochen Appelmann, Leiter Projektentwicklung bei Riebel-GU, entschied sich bewusst dagegen, das Musterzimmer im Hotel selbst einzurichten: „Dann ist es zu spät, um noch Planungsentscheidungen treffen zu können. Der Rohbau steht, die Ausbaugewerke haben meist schon begonnen, sodass man maximal bei der Möblierung reagieren kann. Anderweitige Änderungen werden extrem teuer und erfordern umfangreichere Umplanungen“, begründet er. Aus diesem Grund fingen die Baumaßnahmen für das Musterzimmer in Garching zeitgleich mit dem Ausheben der Baugrube an. So blieb ausreichend Zeit, um Anpassungen vorzunehmen. Im Hotel Abasto sind beispielsweise die Badtüren höher, die Klimageräte befinden sich an einer anderen Stelle und auch im Versorgungsschacht, bei den Bodenbelägen, den Sockelleisten sowie anderen optischen Details kam es zu Modifikationen. Laut Appelmann übertrafen die daraus folgenden Einsparungen beim Bau des Hotels die Kosten für das Musterzimmer „bei weitem“.
Fazit
Ein Musterzimmer gibt Sicherheit bei der Planung, unabhängig davon, ob eine Immobilie renoviert wird, oder es sich um einen Neubau handelt: Irren ist menschlich! Ein Fehler in einem Musterzimmer ist einfacher entdeckt als in einem Gebäudeplan. Darüber hinaus kann man ihn wesentlich unkomplizierter, schneller und günstiger beseitigen, als Nachbesserungen in mehreren Hotelzimmern vorzunehmen. Vor allem, wenn dort eigentlich bereits zahlende Gäste nächtigen sollten. Auch bei der Vermarktung bieten Musterzimmer Vorteile. Denn Fotos von einem Musterzimmer ersetzen Renderings. Hier können mögliche Partner oder Pressevertreter das Projekt bereits in einem frühen Stadium live erleben.
Ein Musterzimmer in der Halle lohnt sich, wenn die Planung noch nicht abgeschlossen ist. Denn man hat genug Zeit, um Neues auszuprobieren sowie verschiedene Raumkonzepte zu erleben und zu testen. Umfangreiche Modifikationen lassen sich vergleichsweise einfach umsetzen. Wer früh genug in die Planung einsteigt, kann sogar noch grundlegende Änderungen, etwa am Rohbau, vornehmen. Ein Musterzimmer direkt im Hotel empfiehlt sich vor allem dann, wenn Planer bereits eine konkrete Idee haben und nur noch Kleinigkeiten zur Debatte stehen.