Ende Mai 2020 durften deutsche Hotels mit strengen Hygieneauflagen wieder Touristen empfangen. Spa- und Wellness-Bereiche blieben, je nach Bundesland, allerdings noch geschlossen. hotelbau hat Michael Altewischer, Geschäftsführer der Wellness-Hotels & Resorts, gefragt, wie es mit der Wellness-Hotellerie nach dem Lockdown weitergeht.
Herr Altewischer, inwieweit ist die Wellnesshotellerie besonders betroffen von der aktuellen Corona-Krise?
Zum einen sind die meisten Wellnesshotels der Ferienhotellerie zuzuordnen und sind somit auf Touristen und Individualreisende angewiesen. Die Mehrzahl der Wellnesshotels im deutschsprachigen Raum sind Familienbetriebe. Das ist vor dem Hintergrund eher „normaler“ Kreditlinien und Basel III ein Problem. In dem Zusammenhang ist besonders die durchaus unterschiedlich zu beurteilende Situation der sogenannten „Einzelbetriebsschließungen“ ein großes Thema innerhalb der Wellnesshotellerie. Die Hoteliers haben eine Versicherung abgeschlossen und dachten, dass sie im Fall einer Epidemie beziehungsweise Pandemie finanziell geschützt sind. Die Versicherungen gehen allerdings nur mit einem Angebot von bis zu 60 Prozent in die Schadensbegrenzung. Wir halten das für grenzwertig, da hier die finanzielle Not der Betreiber ausgenutzt wird.
Geben die ersten Regelkataloge der Bundesländer Grund zur Hoffnung?
Das sollte man meinen, allerdings ist der Corona-Regularien-Flickenteppich der Bundesländer weder Gästen noch Hoteliers vermittelbar. Während es zum Beispiel in Hessen, Rheinland-Pfalz oder Thüringen keine Beschränkungen gibt, sind in Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Bayern die Spa- und Wellness-Bereiche bis auf Weiteres geschlossen. Das bricht vielen der Kollegen das Genick. Anders formuliert: Der Tourismus in Deutschland ist offenbar nicht systemrelevant. Wenn wir den Blick nach Österreich oder auch in die Schweiz richten, sehen wir, dass dort Wellnesshotels Mitte Juni ohne Restriktionen öffnen dürfen. Rein physikalisch betrachtet: gechlortes Wasser im Pool und Temperaturen über 70° Celsius in der Sauna sorgen seit jeher für eine wirkungsvolle Keim-Abtötung. Warum also dürfen wir diese Abteilungen mit Hygiene-Beschränkungen nicht öffnen?
Wie schätzen Sie die Gefahr ein und zu welchen Maßnahmen raten Sie Wellnesshoteliers im Spa-Bereich?
Ausgehend von der Beurteilung des Umwelt Bundesamtes von März 2020 bei Einhalten der vorliegenden Hygiene-Richtlinie des Bundes: Gering.
Besondere Aufmerksamkeit ist im Spa-Bereich natürlich auf die Anwendungen und somit auf die Situation zwischen Mitarbeiter und Gast zu legen. Hier gelten die gängigen Abstandsregelungen ebenso wie innerhalb der Sauna oder eben auch im Pool. Darüber hinaus gilt es, die Ruhebereiche entsprechend zu zonieren und zwar im Innen – und Außenbereich. Es läuft alles darauf hinaus, dass wir mit Gästebeschränkungen arbeiten müssen und durch entsprechende Hinweisschilder und auf Flatscreens auf die Maßnahmen hinweisen müssen. Da in familiengeführten Wellnesshotels ein hohes Maß an Individualität vorherrscht, ist das sicherlich eine der schwersten Aufgaben.
Welche Vorkehrungen können Wellness-Hotels treffen, auch wenn die Spa-Bereiche noch nicht öffnen dürfen?
Unsere Empfehlung lautet: Auf die Wiedereröffnung konkret vorbereiten und zwar sowohl abteilungsweise als auch abteilungsübergreifend. Auch der Vertrieb sollte jetzt oder besser noch gestern beginnen. Die zu erwartenden Hygieneregeln, die wir in der Hotellerie für die nächsten Monate, vielleicht sogar für die nächsten zwei Jahre umsetzen müssen, sind eine Herausforderung, vor der wir alle stehen. Auch hier gilt: Vorbereitung ist alles. Ein Blick in andere Branchen oder auch über Ländergrenzen hinweg hilft jedem Hotelier, Vorkehrungen zu treffen und seinen Betrieb schon jetzt mit ausreichend Mundschutz, Desinfektionsmittel, Abstandsmarkierungen und so weiter auszurüsten.
Wie kann es nach dem Re-Start weitergehen?
Die begründete Vermutung, dass die Nachfrage an Urlaub in der D-A-CH Region steigen wird, gibt zumindest Anlass zu verhaltener Freude und lässt auf eine vergleichsweise kostendeckende zweite Jahreshälfte hoffen – wenn die Ferien- und Wellnesshotellerie nicht, wie in SH, Bayern, Niedersachsen oder Mecklenburg-Vorpommern, mit unverständlichen Restriktionen belegt wird. Allerdings müssen wir vorsichtig bleiben. Wir werden, so haben wir es von Angela Merkel oft gehört, immer wieder reflektieren müssen, wie sich Corona nach den entsprechenden Schritten nach dem Exit entwickelt. Das bedeutet: Wir als Hoteliers, Gäste oder Mitarbeiter sind dazu aufgerufen alles zu tun, damit es zu keinem zweiten Lockdown kommt. Das wäre ein Desaster.
In Ausgabe 4/2020 von hotelbau lesen Sie mehr zum Thema Wellness & Spa.
Wellness-Hotels & Resorts haben einen Leitfaden für die Wiedereröffnung von Hotels aufgesetzt. Er umfasst auf 40 Seiten Tipps, Anregungen und Leitideen. Bei Interesse können Sie ihn bei Eva Blomenkamp (e.blomenkamp@wh-r.com) anfordern.